Der erfolgreichste Astronauten-Twitter-Account aller Zeiten wird von seinem Sohn betreut – von Darmstadt aus

Seit 2009 schon können die Astronauten an Bord der internationalen Raumstation live twittern. Auch die ESA-Astronauten Paolo Nespoli und André Kuipers schickten Tweets und vor allem atemberaubende Fotos der Erde aus dem Orbit. André Kuipers hatte sich gegen Ende seiner Mission eine treue Fangemeinde von 270.000 Followern zusammengezwitschert.

Noch mal eine Schippe drauf legt jetzt der Kanadier Chris Hadfield, auch als Commander Hadfield bekannt. Auf der Raumstation als Kommandant und Wissenschaftler tätigt, ist er im Netz ein echter Star. Nach drei von sechs Monaten Dienst auf der Station hat er schon die halbe Million-Marke geknackt.

Aus gutem Grund. Seine Tweets sind witzig, seine Fotos großartig und seine Dialoge legendär:

Dass ein Astronaut an Bord der Station der Flut an Tweets, die auf ihn einprasseln, alleine nicht Herr werden kann, versteht sich von selbst. Schließlich sind die Jungs und Mädchen im All um zu arbeiten und nicht nur um zu singen und zu tiwttern.

Und so hat auch Chris Hadfield Hilfe am Boden. Erstaunlicherweise ist es sein Sohn Evan, der für ihn den Social Media-Manager macht. In einem Interview mit dem kanadischen Sender Global National spricht er darüber, wie er seinem Vater zur Hand geht:

Richtig lustig wird die Geschichte, wenn man sich klar macht, dass Evan Hadfield den ganzen Social Media-Buzz um die Mission seines Vaters per Notebook aus Deutschland steuert. Ausgerechnet aus dem angeblich verschlafenen Darmstadt.

Und ganz ehrlich: Als die Anfrage um einen Kommentar der ESA dazu, bei mir aufschlug, musste ich erst einmal beim kanadischen Journalisten nachfragen, ob ich mich nicht vielleicht verhört hätte.

Leider kommt mein Kollege Daniel Scuka in dem Video viel zu kurz nur zu Wort. Daniel, ein Landsmann und Fan des Commanders, kümmert sich bei der ESA in Darmstadt u.a. auch um Social Media Kanäle wie @ESAoperations und diverse Blogs.

Raumfahrt ist ein Familienbetrieb und die Welt ein Dorf.

Karl Bartos – Off The Record

Credit: Katja Ruge
Credit: Katja Ruge

WTF? möchte man bei den ersten Tönen des neuen Albums von Karl Bartos rufen. Jetzt übertreibt er es aber! Auf dem Cover eine enhanced Version seines Konterfeis als Kraftwerk-Roboter und schon die ersten Töne des Openers „Atomium“ klingen eher von Kraftwerk abgekupfert als inspiriert.

Aber!

Tatsächlich ist Bartos, bis zu seinem Rauswurf seinem Ausscheiden für das Songwriting der Band mitverantwortlich und – auch und gerade bei Kraftwerk nicht zu unterschätzen – für ihren Rhythmus und den Groove zuständig, ein bemerkenswertes Album gelungen.

Die internationalen Kritiker sind sich einig: Bartos hat das beste Kraftwerk-Album seit fast 30 Jahren herausgebracht. Während von der Orginalbesetzung nur noch Ralf Hütter dabei ist (was macht Florian Schneider eigentlich heute so?) und das Gesamtkunstwerk Kraftwerk mit Hilfe angeheuerter Tonarbeiter mehr verwaltet als pflegt, kommt Bartos mit einem Album um’s Eck, dass zwar nicht aktuell klingt, aber so, wie sich die Entwicklung von Kraftwerk in den letzten 30 Jahren hätte anhören können. Dass Kraftwerk sich zwischenzeitlich einem Eigenblutdoping aus Detroit unterzogen hat: geschenkt.

Bartos, dessen Nicht-Verhältnis zu Kraftwerk legendär ist, hält auch eine schöne Geschichte um dieses Album bereit. Nicht weniger als die Umsetzung eines geheimen, musikalischen Tagebuchs aus Kraftwerk-Zeiten sei das Album. Ich glaube ja eher, dass der Promoter seines Labels letztens irgendwas über Storytelling in der PR gelesen hat.

Wie dem auch sei. Das Album kommt stellenweise enorm druckvoll daher. Bartos zeigt, dass er immer noch weiss, wie man Maschinenrythmen programmiert, verzichtet hier und da auf Sprachsynthesen und liefert durchaus schönen, auf diese Bartos’sche Art naiven, Electropop ab.

Kann man machen.


Direkt-Atomium

Die SciFi-Doku „Perry Rhodan – Unser Mann im All“ in der Arte Mediathek

Perry Rhodan, die erfolgreichste Science-Fiction Serie der Welt. Oder die am längsten laufende. Auf jeden Fall die deutscheste. Perry Rhodan ist so deutsch wie Currywurst und Lindenstraße.

Ich muss zugeben, dass ich immer noch nicht so recht den Weg in das Perry Rhodan Universum gefunden habe (Sorry, Klaus). Aber viele andere Menschen, die aktiv in der Raumfahrt arbeiten, sind bekennende Rhodan-Fans. Vom niederländischen ESA-Astronauten André Kuipers weiss man zum Beispiel, dass er als Kind Perry Rhodan gelesen hat. Mit der Taschenlampe unter der Bettdecke.

Daher haben wir (also die Pressestelle der ESA in Deutschland) damals auch die Dreharbeiten für die Dokumentation von André Schäfer gerne unterstützt. Mein geschätzter Kollege Markus Landgraf, ESA-Misson Analyst, kommt zu Wort und der Hauptkontrollraum des Europäischen Satellitenkonrollzentrum ESOC wird schön in Szene gesetzt. Inzwischen sieht der Raum etwas anders aus – die klassischen Konsolen wurden durch modernere Arbeitsplätzte ersetzt.

Perry Rhodan-Fan oder nicht. In jedem Fall ist diese Dokumentation sehenswert, weil es einem Phänomen deutscher Populärliteratur auf den Grund geht. Eine Reise durch 52 Jahre Mikrokosmos Perry Rhodan – mit zum Teil ganz erstaunlichen Zeitzeugen und grandiosen Bildern und Gesprächen. Selbst Literaturgroßkritiker Dennis Scheck zeigt sich als Freund der Serie.

Beste Unterhaltung für einen verschneiten Sonntag wie heute.

Update: Gregor Sedlag hat schon damals, als der Film 2011 herauskam, eine sehr umfangreiche wie kenntnisreiche, überaus lesenswerte Kritik geschrieben. Gregor ist u.a. auch als Risszeichner für Perry Rhodan tätig.

Update II: Der in der Doku angerissene Beitrag aus dem Monitor-Magazin von 1969 in ganzer Länge. „Perry Rhodan ist Hitler.“ Bizarr, aber sehenswert: