Europa, das sind über 50 Länder, 700 Millionen Menschen verteilt auf vier Zeitzonen von Island (UTC) bis Russland (UTC+4). Aber schon die Europäische Union als politisches Dach von 27 Staaten mit 500 Millionen Einwohnern hat große Schwierigkeiten, eine gemeinsame EU-Identität in der Bevölkerung zu stiften. Zu abstrakt ist die politische Konstruktion, zu hoch die Sprach- und Kulturbarrieren.
Dass man aber, und wenn vielleicht auch nur für einen Abend, so etwas wie eine europäische Identität kreieren kann, hat ausgerechnet das Fernsehen Norwegens, eines kleinen nicht-EU Staates, geschafft:
Die Idee des Flashmobs, der ungefähr so authentisch war wie die Live-Schalte zur ISS beim Grand Prix 2009 in Moskau, ist so simpel wie genial.
Mit den Mitteln des Fernsehens wird durch das Zusammenschalten von gemeinsam fernsehenden, tanzenden und feiernden Menschen aus den Teilnehmerländern tatsächlich ein Moment der Verbundenheit hergestellt. Modern wirkt das ganze vor Allem dadurch, dass moderne Kommunikationserfahrungen aufgegriffen werden. Bin ich der einzige, den die Schalten in die feiernden Familien an eine öffentlich-rechtliche TV-Variante von Chatroulette erinnert?
Zugegeben: Beim Eurovision Song Contest geht es um Unterhaltung. Um Musik. Um Pop. Dass man weder Hebräisch noch Portugiesisch sprechen muss, um einen Song oder Interpreten gut oder schlecht zu finden, ist natürlich von grossem Vorteil.
Deutlich anders sähe es aus, ginge es darum konkrete politische Inhalte zu transportieren. Oder sagen wir mal, europaweit Begeisterung für wissenschaftliche Grossvorhaben à la LHC oder Raumfahrt zu schüren.
Ich glaube allerdings, dass der Dance Flashmob aus Norwegen in einigen Aspekten durchaus zum Vorbild taugt. Ich bin mir sicher, dass wir in Zukunft wieder öfter die Eurovisions-Idee sehen werden. Mit Sicherheit nicht live im Fernsehen, wohl aber live im Netz. Denn wo sonst lassen sich mit überschaubaren Aufwand zielgruppenspezifische Live-Events kreieren?
Mario Sixtus hat den Dance Flashmob gerade „die 21. Jahrhundert-Variante des alten „Alle Menschen werden Brüder“-Versprechens“ genannt – womit er Recht hat. Die Überschrift meines Artikels hier ist also schamlos geklaut. Übrigens: Daniel Fiene findet den Eurovision 2010 Dance Flashmob auch gut.